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Es gibt „mein Israel“ nicht

Peter Menasse von Peter Menasse
2. Juli 2014
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Von Peter Menasse

Ein nichtreligiöser Mensch, geboren in Wien, gut verankert in der österreichischen Gesellschaft, soll sich zu Israel äußern, nur weil seine Vorfahren vor hundert Jahren im jüdischen Schtetl gelebt haben? So absurd das klingen mag, es macht doch Sinn. Das JudeSein lässt sich nicht ablegen. Der französische Philosoph Alain Finkielkraut hat mit einem einfachen Argument belegt, dass das Konzept der Assimilation gescheitert ist. All die weltoffenen, angepassten Intellektuellen der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, so schreibt er, hätten sich bei den Transporten in die Konzentrationslager in denselben Viehwaggons wiedergefunden, in die auch die religiösen, „identifizierbaren“ Juden, die eben erst aus dem Osten eingewandert waren, gepfercht wurden.

Wer Jude ist, das bestimmt der Feind. Das haben wir gelernt. Und noch etwas hat die Shoah uns gelehrt: Wir werden uns nicht mehr ohne Gegenwehr in den Tod treiben lassen. Auf der ganzen Welt verbindet uns die tief verinnerlichte, gemeinsame Einsicht, dass auch der unfassbarste Schrecken wirklich werden kann und dass wir uns selber helfen müssen. Die israelische Gesellschaft ist eine kollektiv traumatisierte Gesellschaft. Wenn die Raketen von Hisbollah einschlagen, wenn der Terror der Palästinenser unschuldige Menschen in den Tod reißt, kommen in den Alten die Bilder der Shoah wieder hoch. Ihre Kinder aber haben geschworen, dass es ein Ende haben wird mit der Vernichtung. Konfrontiert mit dem neuen „Führer“ Ahmadineschad, dem Paten, der hinter den Angriffen von Hisbollah steht und der mit der völligen Auslöschung der Juden droht, kämpfen sie jetzt gegen eine Wiederholung der Vergangenheit und gegen dieses Trauma, dessen Symptome jeder Jude in sich trägt.

Es gibt „mein Israel“ nicht. Natürlich empfinde ich große Traurigkeit über den Tod von Kindern und Zivilisten, unabhängig von ihrer Herkunft. Jedoch verbinden mich meine Ängste und mein Zorn mit den Menschen, die in Israel um ihr Leben kämpfen. Wir Juden sollten damit nicht alleine sein, denn wenn Israel untergeht, diese erste Probe also gelingt, dann droht am Ende die Niederlage der gesamten westlichen Welt. Ahmadineschad wird nicht eher ruhen, bis alle Juden, bis alle „Ungläubigen“ unterworfen sind. Wer da dazugehört, wird er bestimmen.

Peter Menasse

Peter Menasse

Der NU-Chefredakteur ist selbstständiger Kommunikationsberater und Publizist. Er lebt in Wien und im Burgenland.

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